Veröffentlichung des kommunalen Wärmeplans für Bremen
Am 14.10. 2025 wurde ein 1. Entwurf der kommunalen Wärmeplanung für Bremen veröffentlicht. Seitdem kann dort jede Bürgerin und jeder Bürger einsehen, für welche Art von Wärmeversorgung sich sein eigenes Quartier eignet. Der für die Stadt Bremen vom Gutachter Qoncept Energy GmbH erstellte Bericht lässt sich über die Seite der kommunalen Wärmeplanung direkt downloaden:
Auf derselben Webseite findet sich für Bremens Bürgerinnen und Bürger auch die Möglichkeit, über ein Formular eine persönliche Stellungnahme abzugeben. Auch die Genossenschaft Anergienetze eG hat sich zu einer Stellungnahme entschieden, die wir hier vorstellen:
Stellungnahme der ErdwärmeDich Anergienetze eG zum vorgelegten Entwurf der Bremer kommunalen Wärmeplanung
Der Anspruch an eine kommunale Wärmeplanung (KWP) muss sein, dass sie inhaltlich richtig und wissenschaftlich korrekt ist.
Der Anspruch an die gesetzlich vorgeschriebene Bürgerbeteiligung muss sein, dass der Nutzer den Plan versteht und nach Lektüre des Plans eine Antwort auf seine Frage findet, wie er Zug um Zug von der bisherigen (fossilen) Wärmeversorgung auf eine CO₂-freie Wärmeversorgung umsteigen kann.
Diesen beiden unterschiedlichen Ansprüchen wird der - obwohl mit 245 Seiten sehr umfangreich geratene Plan – nach unserer Einschätzung nicht gerecht. Unsere Stellungnahme folgt deshalb den Forderungen, die in den von ErdwärmeDich seit Juni 2025 durchgeführten Informationsveranstaltungen zur Wärmeplanung in Bremen entwickelt wurden:
1. Anergienetze in der Kommunalen Wärmeplanung besonders berücksichtigen
- Selbst wenn es aus verschiedenen Gründen geboten wäre, Wärmenetze und kalte Netze zu unterscheiden, so sind Anergienetze in jedem Fall gleich zu behandeln wie Wärmenetze. Diesem Gleichbehandlungsgebot werden weder der Wärmeplanentwurf noch die Umsetzungsstrategie gerecht.
- Anergienetze wurden in der Wärmeplanung nur unzureichend untersucht. Mit ErdwärmeDich Anergienetze eG als einem Akteur gab es keine ausreichend fundierten Gespräche, die auch nur annähernd dem Aufwand, den man sich mit den bereits etablierten Versorgern gegeben hat, entsprechen würde. Eine Gleichbehandlung der Akteure war somit nicht gegeben.
- Im Punkt 6 des Entwurfs des Wärmeplans (Eignungsgebiete für Wärmenetze) wird auf die Möglichkeit einer Wärmeversorgung über Erdwärmesonden im öffentlichen Raum, wie sie die Genossenschaft ErdwärmeDich Anergienetze plant, erst unter dem Punkt 6.6 (S.144 ff.) eingegangen. Dort wird beschrieben, wie die Wärmeversorgung über Anergienetze erfolgen soll. Eine Bewertung des Potentials dieses Konzepts wie es ausführlich für das Ausbaukonzept für die Fernwärmenetze unter dem Gliederungspunkt 6.2. des WPl-Entwurfs vorgenommen wird, nimmt der WPl-Entwurf allerdings nicht vor. Auch im Fazit zu den Ausbaupotentialen von Wärmenetzen (Gliederungspunkt 6.8, S. 146 ff.) wird das Konzept von Anergienetzen überhaupt nicht erwähnt.
- In der Potentialanalyse wird das Potential der oberflächennahe Geothermie (4.4) unbegründet um 50% reduziert. Bei Nutzung von Erdwärme in Anergienetzen gibt es für eine solche Reduzierung keinen Grund, weil Bohrungen versetzt werden können.
- In Punkt 7 (Zielszenario) berücksichtigt das Umsetzungsszenario 1 (7.4.1 im Entwurf des Wärmeplans) keine Anergienetze, obwohl es konkrete Pläne und mittlerweile auch Projekte (Pilotprojekt Humboldtstraße) von ErdwärmeDich gibt.
- Das Umsetzungsszenario 2 (7.4.2 im Entwurf des Wärmeplans) geht ohne Begründung davon aus, dass nur 2 Anergienetze im Jahr errichtet werden (S. 176 oben im Entwurf des Wärmeplans).
- Im Wärmeplanungsentwurf kommt eine offensichtliche Festlegung auf Fernwärme für öffentliche Gebäude zum Ausdruck, jedoch ohne Wirtschaftlichkeitsüberlegungen oder Vergleichsrechnungen wie sie § 1 WPG fordert, überhaupt angestellt zu haben.
- Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung für andere Versorgungsformen bzw. Netze fehlt überhaupt.
- Eine Bewertung des Potentials des Konzepts der Wärmeversorgung durch Anergienetze, wie es ausführlich für das Ausbaukonzept für die Fernwärmenetze unter dem Gliederungspunkt 6.2. des WPl-Entwurfs vorgenommen wird, nimmt der WPl-Entwurf überhaupt nicht vor. Auch im Fazit zu den Ausbaupotentialen von Wärmenetzen (Gliederungspunkt 6.8, S. 146 ff.) wird das Konzept von Anergienetzen nicht erwähnt.
- In der Umsetzungsstrategie werden in den Handlungsfeldern 4 und 8 explizit Anergienetze als Optionen für die künftige Wärmeversorgung genannt. Allerdings sind die Unterstützungsmaßnahmen für Fernwärmenetze in den Handlungsfeldern 1 und 2, die sich nicht auf Anergienetze beziehen, wesentlich umfangreicher.
2. Bürger*innen in die KWP einbeziehen
- In der Entwicklung des Wärmeplanentwurfs hat es keine dem § 7 WPG genügende oder wie in anderen Kommunen praktizierte Beteiligung gegeben.
- Es steht zu befürchten, dass die in den Umsetzungsstrategie beschriebenen Maßnahmen/ Vorschläge zur Öffentlichkeitsarbeit und Beratungsangeboten nicht zielführend sind bzw. nur dem Erhalt des Status quo dienen.
3. Gestaltungs- und Umsetzungsressourcen lokaler Akteure mobilisieren
- Die Genossenschaft ErdwärmeDich Anergienetze eG wird inzwischen als Akteurin in der Wärmeplanung angesehen. Sie wurde auch (durch einige wenige E-Mail-Anfragen) kontaktiert. Allerdings wurde sie nicht in einem auch nur annähernd gleichen Umfang wie swb und enercity Contracting in der Wärmeplanung beteiligt. Laut Zusammenfassung des WPL-Entwurfs gab es mit diesen Akteuren zwölf Treffen.
4. Genossenschaftliche Organisation der Wärmeversorgung besonders unterstützen
- Nach § 21 Nr. 2 WPG muss der Wärmeplan von Bremen eine Bewertung der Rolle von Erneuerbarer-Energien-Gemeinschaften enthalten. Unter 8.2 des WPl-Entwurfs wird die ErdwärmeDich Anergienetze eG zwar erwähnt und es wird ausgeführt, dass die Stadt Bremen diese Genossenschaft fördert. Zu den Einzelheiten der Pläne der Genossenschaft wird dann auf Kapitel 6.6 verwiesen. Dies ist keine Bewertung der Rolle dieser Gemeinschaft im Sinne des § 21.
- Die genossenschaftliche Organisation und die daraus resultierenden finanziellen und organisatorischen Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger werden in dem WPl-Entwurf an keiner Stelle thematisiert. Genossenschaften arbeiten ohne Gewinnerzielungsabsicht und sind daher eine besonders wirtschaftliche Organisationsform für Bürgerinnen und Bürger.
5. Sozial gerechte Umsetzung der Wärmewende mit Berücksichtigung von Mietern
- Im Entwurf des Wärmeplans wird die Wirtschaftlichkeit der Wärmeversorgung nicht aus Perspektive der Nutzer gerechnet, sondern aus der Perspektive der anbietenden (privaten) Versorger. Ist aus deren Sicht eine Versorgung mit der Möglichkeit Profit zu erzielen verbunden, wird sie als „wirtschaftlich“ bezeichnet. Fernwärme, die der Entwurf vorrangig betrachtet, ist historisch immer eine besonders teure Versorgung. Die für Bürgerinnen und Bürger besonders wirtschaftliche Versorgung mittels Anergienetzen findet in dem Entwurf nicht die Aufmerksamkeit, die für eine sozial gerechte Umsetzung der Wärmewende notwendig wäre.
- In der Umsetzungsstrategie müssten die Belange von Mieterinnen und Mietern, die wenig Einfluss auf die Wärmeversorgung ihres Hauses haben, berücksichtigt werden. Dies geschieht nicht.
- Es ist nicht erkennbar, dass der Entwurf des Wärmeplans dem Ziel des § 1 WPG zu einer kosteneffizienten, nachhaltigen, sparsamen, bezahlbaren, resilienten sowie treibhausgasneutralen Wärmeversorgung beizutragen, genügt.
- Die Höhe des für Fernwärme angenommenen kalkulatorischen Zinses von 8% ist nicht nachvollziehbar und wird nicht begründet. Für andere Optionen wird nur ein Zinssatz von 3,5% angenommen (Kapitel 7.2).
6. Gasausstieg planen und kommunizieren
- Zur Planung und Information der Bevölkerung zum bevorstehenden Gasausstieg gibt es im Entwurf des Wärmeplans keine einzige Angabe, dass ist im Hinblick auf das Ende der Gasversorgung bis zum Jahre 2045 die geradezu sträfliche Vernachlässigung einer bisherigen Versorgungsoption.
7. Wirtschaftlichkeitsberechnung zu Anergienetzen
- Im Entwurf des Wärmeplans wird die Wirtschaftlichkeit von Fernwärme sehr aufwändig untersucht. Hingegen wird die Wirtschaftlichkeit von Alternativen (Anergienetze, individuelle Luftwärmepumpen) nicht betrachtet.
Abschließend bleibt festzustellen, dass die Lektüre des vorgelegten Entwurfs zur Wärmeplanung nicht zu einer Erkenntnis führt, aus der Bürgerinnen und Bürger eine Schlussfolgerung ziehen können, wie zukünftig - wenn das Gas abgestellt sein wird und Öl nicht mehr verfügbar ist - ihr Haus oder ihre Wohnung mit Wärme versorgt werden kann.