Erweist sich der Solarserver – ein bekannter Newsletter für erneuerbare Energien – als Steigbügelhalter für merkwürdige Lobby-Aktivitäten?
Portrait Philipp Metz. Foto ErdwärmeDich
Welche Bedeutung hat es, wenn Solarserver, ein wohlbekannter Newsletter für erneuerbare Energien, titelt: „Künftige Fernwärme: Deutsche Energieagentur (DENA) und Wärmeallianz machen Vorschläge“
eine Glosse von Philipp Metz
Ein interessanter Artikel beim Newsletter des Solarserver, könnte man meinen – liest er sich doch zunächst gut. Doch beim näheren Hinsehen tauchen sehr bald die Eigeninteressen einer Lobby-Organisation auf, die hier im Windschatten segelt, und ein schaler Geschmack bleibt auf der Zunge.
„Um die Wärmeversorgung klimafreundlich zu gestalten“, beginnt der Artikel, „müssten erheblich mehr Verbraucher an Wärmenetzen angeschlossen [werden]. Laut der Deutschen Energieagentur (DENA) zeigen Prognosen, dass sich die Zahl, der an die Fernwärme angeschlossenen Haushalte bis 2045 verdreifachen müsste, um in dicht besiedelten Gebieten eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu gewährleisten.“
Ok, denkt man, Fernwärme für die dreifache Anzahl Haushalte ist vollkommen unrealistisch. Alleine die Bauzeit würde bei dem gewohnten Tempo weit bis in das nächste Jahrhundert reichen und woher soll die Wärme kommen? Doch nicht etwa aus dem neuerdings zu "Ersatzbrennstof" umgetauften Müll, der schon heute nicht ausreicht? Oder vielleicht aus den Fossilen, aus deren Abgasen man dann unter Verschwendung eines erheblichen Anteils der soeben erzeugten Energie versucht, mit einer noch nirgendwo erfolgreich erprobten Technik das CO₂ wieder zu entziehen und aufwendig zu speichern (CCS)?
Doch vielleicht meint der Verfasser ja nicht Fernwärme, sondern eher allgemein "Wärmenetze"?
Dann wäre es hilfreich, sogleich den Unterschied zwischen warmen und kalten Netzen zu erklären. Dieser Unterschied besteht darin, dass in kalten Netzen die Wärme dezentral dort erzeugt wird, wo die Menschen sie benötigen
- ohne riesige Leitungsverluste auf dem Weg von der zentralen Erzeugung zum Verbraucher,
- ohne die permanenten Vorhaltekosten auch im Sommer, wo sicherlich niemand Wärme zum Heizen benötigt, höchstens hin und wieder ein bisschen warmes Wasser zum Duschen bei der sommerlichen Hitze.
Man hätte in dem Newsletter also besser herausarbeiten können, dass es im Kern darauf ankommt, für die verdreifachte Zahl an Haushalten eine Alternative zu bieten, auch wenn es nicht die Fernwärme sein kann bzw. sein wird. Und jeder würde sofort verstehen, dass eine Alternative ohne Zweifel verdammt notwenig ist und dringend benötigt wird!
Im Folgenden werden wir In dem Artikel mit Blick auf den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD darauf hingewiesen, dass „die Interessen des Verbraucherschutzes UND [Hervorhebung durch den Verfasser dieses Blogs] der Versorgungsunternehmen gleichermaßen berücksichtigt werden" müssen. Wobei zumindest ich in Deutschland noch kein Versorgungsunternehmen gesehen habe, das gezwungen werden könnte, gegen seine Interessen ein Geschäft zu planen, das kein Geschäft ist. Die logische Konsequenz findet sich dann auch in der Analyse der Deutschen Energieagentur (DENA): „Der Ausbau der Fernwärmenetze braucht also weiterhin öffentliche Mittel (…)“, und weiter, eine „Preisregulierung sollte sich an den tatsächlichen Kosten (…) orientieren" und „neue Finanzierungswege (…) etwa durch die Einbindung privaten Kapitals“ könnten „langfristig sozialverträgliche Fernwärmepreise sicherstellen“.
Es ist erstaunlich, dass solch eine hochkarätig besetzte Organisation wie die Deutsche Energieagentur (DENA) sich im Blick des Newsletters nur damit beschäftigt, wie diese wahrhaftig teure Fernwärme durch Zuschüsse und öffentliche Gelder so gepampert werden kann, dass sie für Normalsterbliche irgendwann noch bezahlbar ist.
Nicht einmal ansatzweise kommt die Idee, es könne auch Alternativen zur Fernwärme geben. Und dann bleibt es auch undenkbar, dass diese Alternativen von Organisationen angeboten werden könnten, die sich nicht an Renditevorgaben von Investoren orientieren, sondern am gemeinschaftlichen Wohl der Bürger, die ihre Interessen genossenschaftlich und selbstermächtigt in die Hand nehmen.
Nein, so lernen wir im Newsletter weiter, die Alternative bestehe eher in der „Allianz Freie Wärme“. Da liest man dann auf einmal, dass es sich „bei jedem Fernwärmenetz (...) faktisch um ein regionales Monopol [handelt], wodurch Wettbewerb und Anbieterwechsel praktisch ausgeschlossen sind."
Ja, lieber Andreas Müller, Hauptgeschäftsführer beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima, das ist zwar auf den ersten Blick durchaus richtig - Fernwäme / warme Netze sind in der Regel Monopole, die sich nur äußerst ungern ihren lukrative Griff in die Taschen der abhängigen und wehrlosen Verbraucher streitig machen lassen.
Doch beim näheren Hinsehen ist dieser Ruf nach Freiheit der "Allianz Freie Wärme" durchaus vergiftet. Denn es kann zukünftig nicht darum gehen, dass die Menschen mit einem „weiter so“ nachhaltig auf dem einsamen, individuellen Weg der privaten Problemlösung allein gelassen werden. Dann wird der Begriff "dezentrale Lösung" so lange verbogen, bis man wieder beim Verbrennen von fossilen Brennstoffen und dem angeblich CO2-neutralen Verbrennen von kostbaren Rohstoffen wie Holz anlangt. Wenn man dies wider Erwarten nicht möchte, dann bleiben als Alternativen Angebote für "dezentrale Wärmepumpen", die mit Fantasiepreisen jede öffentliche Förderung ohne Umwege in die Taschen von "schlauen" Heizungsbetrieben leiten.
Es ist vorstellbar, dass es solchen Betrieben vollkommen egal ist, was ihr Opfer in ihre Häuser einbauen, Hauptsache es rentiert sich - zwar nicht für die Hausbesitzer, auch nicht für die Umwelt, auch nicht für das Klima, aber für die Mitglieder der "Allianz freie Wärme" - frei nach dem nur allzu bekannten Motto: "Freie Fahrt für freie Bürger" - auch in den Abgrund.
Und es ist eine leicht zu duchschauende Suggestivfrage, die man im Förderaufruf der „Freien Wärme“ lesen kann:
„Sind auch Sie der Meinung, dass die freie Wahl der Heizungstechnik als Bürgerrecht bestehen bleiben muss und dass Verbrennungsverbote sowie Anschlusszwänge politisch wie auch volkswirtschaftlich Sackgassen und kontraproduktiv sind?“.
Wir schlagen vor, doch das Eine zu tun und dafür das Andere zu lassen.
Wir sollten gemeinsam Verbrennungsverbote unterstützen und auf Anschlusszwänge zu verzichten.
Genossenschaftliche kalte Netze mit dezentraler Wärmeerzeugung durch Erdwärmepumpen benötigen keinen Zwang.
Sie sind für alle wirtschaftlich durch die gemeinsame Projektorganisation, den gemeinsamen Einkauf und den gemeinsamen Betrieb. Da schließt man sich früh oder später gerne an - ganz ohne Zwang, sondern einfach, weil es Sinn macht.
Unser Motto ist und bleibt:
Wärme für Alle – aber: jeder kann und keiner muss!
Wenn es dabei Handwerksbetriebe aus den Bereichen Heizen und Wärme gibt, die schlau genug sind, dies als gemeinsame Aufgabe von fortschrittlichen Handwerkern, öffentlicher Hand und den selbstermächtigt handelnden Bürgern zu begreifen, dann heißen wir sie herzlich willkommen.