Kommunale Wärmeplanung in Bremen als Coup?

Ist eine Bürgerbeteiligung bei der Wärmeplanung überhaupt erwünscht? Und wie steht es um die Gleichberechtigung der Akteure auf dem Wärmemarkt?
Scrabble-Bild zur kommunalen Wärmeplanung in Bremen
Scrabble-Bild zur kommunalen Wärmeplanung in Bremen

Autor*in: Katja Rodi und Klaus Berger

Einbindung wirklich aller Akteure auf dem Wärmemarkt in die kommunale Wärmeplanung?

Die kommunale Wärmeplanung hat in Bremen mit der Anfrage der Senatorin für SUKW bei den „Akteuren auf dem Wärmemarkt“ begonnen. Der Entwurf eines Wärmeplans soll bis Ende April 2025 vorliegen. Dazu hat die bremische Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft (SUKW) bei der Kasseler Unternehmensberatung Qoncept Energie ein Gutachten in Auftrag gegeben, dass die Möglichkeiten einer kalten Nahwärmeversorgung über sogenannte Anergienetze bewerten soll. Die Genossenschaft ErdwärmeDich Anergienetze eG hat von Beginn an ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit erklärt und würde gerne über die Besonderheiten unseres Konzeptes informieren. Leider erging auf erneute Nachfrage von der Senatorin nur folgende Antwort an uns: "Der intensive Abstimmungsprozess mit dem Gutachter Qoncept Energy ist in vollem Gange und umfasst eine Vielzahl von Aufgaben. Ich bitte Sie daher noch um etwas Geduld. Wir werden Sie umgehend informieren, sobald es Neuigkeiten bzgl. des avisierten Gesprächs mit Qoncept Energy gibt.“ (Schreiben vom 03. 04. 2025 von Dr. Jan Kühling, i.A. der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft, Bremen, Referat 41 - Wärmewende).

Natürlich ist ein Abstimmungsprozess ein erster Schritt bei einem Gutachten. Allerdings erscheint es uns schwierig, bis zum Mai ein valides Ergebnis vorlegen zu wollen, wenn man im Moment noch in den Abstimmungen steckt und die eigentlichen Akteure und Fachleute vor Ort noch nicht einmal in den Prozess einbezogen werden. Da wir deutschlandweit Vorreiter für Anergienetze im Baubestand sind, hätten wir sicherlich das eine oder andere anzumerken und könnten wichtige Informationen liefern. Durch unsere Missachtung wischt SUKW zugleich das Engagement von hunderten Bremer Bürgerinnen und Bürger auf absurde Weise beiseite.

Die eigentliche kommunale Wärmeplanung wird als Orientierungshilfe für unsere zukünftigen Heizungsanlagen dienen. Mit der Veröffentlichung der Wärmeplanung – in Bremen angekündigt für Ende diesen Jahres – wäre der Einbau einer eigenen herkömmlichen Gasheizungsanlage möglicherweise nicht mehr zulässig. Nach § 71 GEG (Gebäudeenergiegesetz) müssen neue Heizungen in Neubauten sowie beim Heizungstausch in Bestandsgebäuden einen Anteil von 65% erneuerbarer Energien nutzen. Bürger können zwischen Wärmepumpen, Solarthermie, Biomasseheizungen oder einem Anschluss an ein klimafreundliches Wärmenetz wählen – soweit der Regelfall. Der Einbau von neuen herkömmlichen Gasthermen und Ölheizungen ist dann in der Regel nicht mehr zulässig.

(vgl. https://www.bmwsb.bund.de/SiteGlobals/Forms/Webs/BMWSB/suche/expertensuche-formular.html?resourceId=21116254&templateQueryString=Einbau+gasheizung&pageLocale=de&input_=21194054&gtp=21116604_list%253D2&submit.x=0&submit.y=0)

 

Bürgerbeteiligung?

Die Erfahrung mit dem Kommunikationsdesaster um „das Heizungsgesetz“ hat gezeigt, dass die aktive Beteiligung der Bevölkerung an der Planung und Gestaltung von Maßnahmen zur Wärmewende zwingend für deren erfolgreiche kommunale Umsetzung ist. Hierbei sollen Bürger*innen nicht nur Empfänger sein, sondern die Veränderungen aktiv und dauerhaft mitgestalten. Zu einer erfolgreichen Bürgerbeteiligung gehören allerdings aktive Pressearbeit, eine Online-Kontaktstelle und Informationsveranstaltungen mit Vorträgen und Gesprächen. Wie Bremen seine Bürgerbeteiligung durchführen will, ist leider noch nicht bekannt. Vorgesehen scheint lediglich eine Veröffentlichung des Wärmeplanungsentwurfs im Internet. Und das in einer Kommune, in der eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern längst die Initiative für einen innovativen Umbau ihrer Heizungssysteme ergriffen hat. ErdwärmeDich Anergienetze eG ist als „Akteur der Wärmeversorgung“ zwar an dem Prozess bereits vorab zu beteiligen, wir merken nur nichts davon. Wir könnten bereits im Vorfeld viele Hinweise unserer Mitglieder in die Diskussion einbringen und das Ergebnis „bürgerfreundlicher“ gestalten, wie zum Beispiel das vorgezogene Einbringen eines Erdwärme-Leitungsnetzes, wenn der öffentliche Raum ohnehin wegen notwendiger Arbeiten an Leitungsnetzen anderer Art aufgerissen wird und eine an einem Erdwärmeanschluss interessierte Nachbarschaft bereits aktiv ist.

 

Blick in die Oberhofer Strasse in Peterswerder

Wenn der öffentliche Raum wegen Arbeiten an Versorgungsleitungen aller Art aufgerissen wird (hier: Abwasserkanal Oberhofer Strasse in Peterswerder) könnte man ja gleich ein Erdwärme-Leitungsnetz (Vor- und Rücklaufleitung aus Polyethylenrohren) einbauen – würde zugleich Kosten sparen und zu weniger Verkehrsbeeinträchtigungen führen.

Argumentationshilfen

Zur Orientierung für den eventuell stattfindenden Diskurs und als Grundlage für die Einwendungen hier schon einmal ein paar wichtige Eckpunkte:

  • Um die international und national verbindlichen Klimaziele zu erreichen, ist eine Wärmewende notwendig. Und das Konzept der Anergienetze, die Erdwärme als Energiequelle zu nutzen, ist hierfür unter den bisher bekannten die nachhaltigste und wirtschaftlichste Lösung. Mit dem Zusammenschluss von Teilnetzen zu immer größeren Einheiten gibt es die Möglichkeit, praktisch alle Nutzer*innen zu erreichen und zusätzlich eine weitere Zahl von Entwicklungsmöglichkeiten zu Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen.
  • Gas wird auf absehbare Zeit wegen steigender CO₂-Abgaben, steigender Netzkosten, erwartbarer Stilllegungen von Gasnetzen u.s.w. sehr teuer und immer weniger verfügbar werden. Daher werden wir für das Heizen unserer Wohnungen Vorsorge treffen müssen. Durch die Nutzung von Erdwärme nehmen wir diese Vorsorge in unsere eigenen Hände und vermeiden Abhängigkeiten von Fernwärmeversorgern, die (wie gerade gesehen) einseitig über Preissteigerungen für die Kund*innen entscheiden können. Ein Blick in aktuelle Ausgaben des Weser Kurier ist aufschlussreich: "Fernwärme in Bremen wird teurer, Die SWB kündigt Verträge mit ihren Kunden - Preise steigen um rund 20 Prozent" (Weser Kurier vom 20.03.2025) sowie "'Schönfärberei' bei Fernwärmetarifen? Neue SWB-Preise: Kostensteigerungen von 50 Prozent möglich - Gewoba will Erhöhungen juristisch prüfen" (Weser Kurier Titelseite vom 09.04.2025).  
  • Allenfalls ein Drittel des Bremer Stadtgebiets wird durch Fernwärme versorgt werden können. Luftwärmepumpen sind in dichtbebauten Stadtgebieten fast überall zu laut und haben einen deutlich geringeren Wirkungsgrad als Erdwärmepumpen. Die für Fernwärme ungeeigneten Gebiete sollten als Vorranggebiete für Anergienetze vorgesehen werden. Und auch in den Fernwärmegebieten müssen Anergienetze als Alternative möglich sein, andernfalls gäbe es einen indirekten Anschlusszwang.
  • Das Wärmeplanungsgesetz fordert die Prüfung der örtlichen Möglichkeiten, die die verschiedenen Heizungssysteme bieten, die „Potentialität“. Daraus folgt, dass Erdwärmenetze überall aufzubauen sind. Sie können zunächst überall in der Stadt begonnen werden und unabhängig funktionieren. Die bei der Wärmeplanung durchzuführende Prüfung der „Wirtschaftlichkeit“ soll Hinweise geben, ob die in Rede stehenden Alternativen die kostengünstigsten sind. Wir gehen für unsere Erdwärmenetze davon aus, dass über einen Zeitraum von 20 Jahren diese Lösung die günstigste ist. Die vom Gesetz geforderte „Nachhaltigkeit“ sehen wir bei uns auch als gegeben, weil die Rohre unseres Systems mehr als 100 Jahre halten, die Stahlrohre der Fernwärmeleitungen hingegen nur 40 bis 50 Jahre und ihre Wärmedämmung nur 30 bis 40 Jahre. Der Bau der geplanten 300 Km Fernwärmeleitungen durch Bremen mit ihren Durchmessern wird zudem große Störungen in der Stadt verursachen.

Wir sollten einen öffentlichen, bremen-weiten Diskurs in der Stadt initiieren, unsere rechtzeitige Einbeziehung in die Planung und in die Wärmewende in Bremen fordern und uns soweit wie möglich, eingeladen oder nicht, an diesen Prozessen beteiligen.

Um uns darauf vorzubereiten, bietet der Verein ErdwärmeDich e.V. im Mai mehrere Informationsveranstaltungen an.